Kühl bleiben, nicht lächeln. Der Mythos entspringt tragischen Ereignissen. Kein Automobilhersteller ist öfter zu Boden gegangen. Kein anderer ist jedes Mal wiederauferstanden. Trägt das Logo deswegen die Flügel eines Phönix? Mysterium. Aston Martin verabscheut das Mittelmaß. Geht immer all-in. Wetten kann man ruhig verlieren – oder eben mit Stil gewinnen. Wie in Le Mans 1959: Erster und Zweiter, 25 Runden vor Ferrari. Eine Unternehmensgeschichte als Epos. 1947 schnappt sich David Brown den
hartnäckigen, aber halb toten englischen Rennwagenmacher. Um an den richtigen Motor zu kommen, holt er Lagonda hinzu und dessen nagelneues 2,6-Liter-Modell – designed by W. O. Bentley.
Die Firma heißt jetzt Aston Martin Lagonda. Ein einfacher Tiername mag Jaguar reichen und Rolls-Royce ein Doppelname, aber drei Namen hat nicht jeder. Britischer Humor. Stephen Bayley schmunzelt, weil dieses urbritische Erzeugnis in seiner besten Form ein italienisches Kleid trägt. Die Superleggera-Linie von Touring aus Mailand macht den DB4 zum Sinnbild automobilen Understatements, Zagato sorgt für den Extraschub sportlicher Extravaganz.
Für James Bonds Kinoabenteuer steht bald fest: Nicht einen Vintage Bentley – wie im Buch –, sondern einen silbrigen DB muss 007 fahren. Aston Martin beflügelt die Swinging Sixties, ist die Quintessenz Londoner Coolness. Sondermodelle bezeichnet man in Newport Pagnell nicht etwa vulgär als „Lusso“, sondern kryptisch als „PoW“, für Prince of Wales, den Stammkunden.
Man spricht den ultimativen Gentleman Driver und dessen subtile britische Exzentrizität an. Nicht weniger und nicht mehr als die schnellste Jagdkutsche will Aston sein. Der DB2/4 trägt als erster Sportwagen eine Heckklappe für Wild und Gewehre. Für den DB5 wird sogar eine neue Form erfunden, Shooting Brake. Dieser Mut zur Innovation, auf Englisch: Provokation, verbietet den Versuch, Aston Martin in einer Sammelgarage neben den üblichen Klassikern
zu parken. Der messerscharfe Lagonda katapultiert dich ins All, bevor der V8 Vantage Zagato dich mit seiner technoiden Brutalität wieder zurück auf die Erde holt. Nur wenig Zeit zum Entspannen im vornehmen Virage, schon geht es mit Ulrich Bez’ Kunstwerken auf Rädern weiter. Schneller, leichter, mehr. Man lebt ja nur mehrmals.
Überraschende Feststellung: Über 100 Jahre Geschichte, über 100 Modelle allein seit David Browns Zeiten. Bitte kühl bleiben, Perfektion fährt vor. In betörenden Bildern von René Staud.